8 Forderungen für mehr Achtsamkeit in den Institutionen

Die Ergebnisse der ersten bundesweiten Umfrage von TERRE DES FEMMES zu "Nachtrennungsgewalt und institutionelle Gewalt bei Gewaltbetroffenheit in Umgangs- und Sorgerechts-angelegenheiten“ machen deutlich, dass sich der Blick auf Mütter in den Institutionen verändern muss. Durch das Sensibilisieren für Nachtrennungsgewalt können Mütter und Kinder vor langjährigen Verfahren, retraumatisierenden Erfahrungen und lebensbedrohlichen Situationen besser geschützt werden. Dafür müssen frauenfeindliche Narrative hinterfragt werden, genauso wie die Machtverhältnisse in Familien vor und nach der Trennung.

Damit die Gewalt gegen Mütter und Kinder endet, braucht es Aufklärungsarbeit in den Institutionen und eine echte Reform des Familien- und Kindschaftsrechts.

Wir fordern deshalb, dass im Familien- und Kindschaftsrecht sichergestellt wird:

  1. Priorisierung des Gewaltschutzes betroffener Mütter und Kinder: Stabilisierung, Entschleunigung und Schutz im Kontext familienrechtlicher Verfahren und Prozesse. Bei Gewalttaten sollte der Umgang mit dem gewaltausübenden Elternteil für sechs Monate ausgesetzt werden. Die Wiederaufnahme der Umgänge muss an Bedingungen geknüpft werden (Therapeutische Hilfe, Täterarbeit und Etablierung einer Kommunikationsebene etc.).
  2. Gemäß §1626 Abs. 3 Satz 1 BGB gehört zum Wohle des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Eltern. Bei häuslicher Gewalt darf diese Regelvermutung keine Anwendung finden. Der Begriff Kindeswohl muss darüber hinaus definiert werden, da dessen Anwendung in Verfahren, die die elterliche Sorge oder das Umgangsrecht nach einer Trennung regeln, derzeit auf der individuellen Auslegung der Gerichte und AkteurInnen beruht.
  3. Anhörung der Kinder und Berücksichtigung ihrer Interessen. Kinderrechte müssen Vorrang vor einseitigen Elterninteresse haben.
  4. Entwicklung einer Handreichung zum Umgang mit Fällen häuslicher Gewalt in Umgangs- und Sorgerechtsangelegenheiten für AkteurInnen bei Behörden und Beratungsstellen.
  5. Definition des Gewaltbegriffs und Benennung aller Gewaltformen - Partnerschaftsgewalt schließt körperliche, psychische, finanzielle und sexualisierte Gewalt mit ein und endet nicht notwendigerweise mit dem Ende der Beziehung, sondern wird oft auch nach der Trennung fortgeführt.
  6. Regelmäßige Anordnung von Täterarbeit durch Familiengerichte und Jugendämter bei Fällen häuslicher Gewalt
  7. Verpflichtende Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen für involvierte AkteurInnen bei Behörden und Gerichten zu häuslicher Gewalt (inklusive Nachtrennungsgewalt), ), u.a. zur Anwendung nicht-wissenschaftlicher Konzepte wie dem Parental Alienation Syndrom (Eltern-Kind-Entfremdung), Bindungsintoleranz etc.
  8. Repräsentative wissenschaftliche Forschung und umfassende Datenerhebung zum Umgang von Jugendämtern und Gerichten mit Fällen häuslicher Gewalt in Umgangs- und Sorgerechtsangelegenheiten im Hinblick auf Gewaltschutz und Berücksichtigung des Kindeswohls.

 

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